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  • AutorenbildAlexandra Luna Vidal

GESTRANDET...

Die Möwe stand vor mir und sah mich an

Verloren, gestrandet, flügellahm

Wir zwei verbunden durch den Fall ins Nichts

In Heimatlosigkeit

Sie musste betteln,

weil sie nicht mehr Nahrung finden konnte

ans Land gebunden,

nicht lebendig in der Luft,

nicht schwimmend, Fische suchend in ihrem Element,

dem Ozean.

Nicht fähig loszufliegen

und ihre Freiheit zu genießen.

Ich fühlte mich gar tief verbunden.

Wir beide heimatlos gemacht vom Schicksal.

Sie kann nicht fliegen und schwimmen.

Ich habe es nicht mehr,

mein wunderschönes und geborgenes Zuhause,

nicht mehr den Platz, an dem ich wirken konnte,

beinahe nichts

von all dem,

was ich noch besaß an schönen Dingen

Sie flügellahm.

Mein Platz in wenigen Minuten von Lava überspült.

Wir waren dort, wo wir uns trafen,

Schicksals-Verbundene am selben Ort.

Ich wurde an dem Platz am Meer genährt von Frauen im Tanz,

für kurze Zeit getragen in einer Gruppe.

Sie wurde dort genährt von Gästen,

die ihr Futter gaben,

artfremdes Futter für sie,

so wir für mich artfremdes Dach über dem Kopf für kurze Zeit.

Sie liebt die Freiheit,

die ihr gesunde Flügel geben können,

um zu fliegen

und ihre Nahrung aus dem Ozean.

Ich liebte mein ästhetisches Zuhause,

mein Sein mit Menschen,

die an meinem Platz

Heilung erfahren durften.

Dort konnte ich meine Berufung,

meinen Herzensauftrag leben,

genoss den Blick zum Sonnenuntergang im Ozean,

die Stille um mich,

wenn ich zu Hause war

in meiner Casa AlmaLuz,

dem Haus des Seelenlichts.

Nichts mehr davon ist noch vorhanden,

nur schwarze Lava,

die den Platz bedeckt.


Bloß eine Woche waren sie

und ich,

Schicksalsgefährten.


Oft denke ich an sie,

seit ich nun ausgespuckt von der Vulkanin

in einer lauten und verwirrenden Umgebung

gelandet war.

Oft denke ich an unseren letzten Tag,

den wir am Strand gemeinsam haben verbracht,

wo ich mit ihr, vor ihr,

mit meinen Tüchern tanzte,

um sie zu motivieren,

die Flügel zu erheben und zu fliegen.

Ich hätte mir so sehr gewünscht,

dass sie bei meiner Abreise

sich in die Lüfte schwingen kann

und über mir, mit mir wegfliegen wird.


Nun denke ich an sie,

gestern an einem ruhigen Ort gelandet,

an einem Platz, wo einst ich auch gelebt hatte,

mit meinen Ahnen, den Guanchen,

in einer Höhle schlafend,

in der mein Herz und meine Nerven sich beruhigen können,

geborgen im Mutterbauch von unserem Vulkangestein,

von Mutter Erde.

Ich denk an sie:

„Ob sie sich auch noch heimatlos und oftmals einsam fühlt?“

„Ob sie denn wohl noch lebt und fliegen kann?“

„Ob sie vielleicht schon ganz gegangen ist,

statt artfremd an dem Platz,

der niemals ihr Zuhause ist,

zu vegetieren.


Ich weiß,

dass ich nun neu beginnen muss,

selbst wählen kann,

ob ich, nachdem ich hoffentlich mein Herz, das oftmals rast,

beruhigen konnte,

die Kraft aufbringe,

wieder aufzubrechen,

von meiner Insel und den Menschen Abschied zu nehmen,

wenn die Vulkanin sich beruhigt hat

um mir mein NEUES HEIM,

den NEUEN PLATZ,

an dem ich leben und wirken möchte,

zu finden, zu erschaffen.


Gerade spüre ich die Leere,

die im Nichts sich zeigt.

Möge der Same meiner Sehnsucht eines NEUEN SEINS

in mir erblühen.

Und meine Seele und mein Herz mögen mich leiten,

wohin mein Leben erneut mich führen will,

um einen weiteren Neuanfang

auf Erden zu erleben.

Und meine Möwe,

jene Gefährtin auf dem Schicksalsweg,

sie möge fliegen in ihre Freiheit,

sich bewegen zwischen dem Himmel und dem Ozean.

Vielleicht begegnen wir einander wieder,

beide in unserem Element,

erfüllt und glücklich,

dankbar

zu leben.




Alexandra Luna Vidal, 8.11.2021

Gueleica, La Gomera

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